Mutiger bekennen. Treuer beten. Fröhlicher glauben. Brennender lieben.

Als ich in der vergangenen Woche den geistlichen Gedanken zum Gedenktag des Evangelisten Lukas geteilt habe, meldete sich danach ein aufmerksamer Leser unserer Gemeindemail und erinnerte daran, dass es in der vergangenen Woche einen weiteren Gedenktag gab: Am 19. Oktober jährte sich zum 75. Mal der Tag des "Stuttgarter Schuldbekenntnisses".

 

Deutsche haben in den Jahren von 1933 bis 1945 große Schuld auf sich geladen. Die Zeiten der nationalsozialistischen Herrschaft haben großes Leid über die Menschen in Europa gebracht. Leider gab es auch viele in der Evangelischen Kirche, die das System unterstützt haben und mitgemacht haben. Besondere Unterstützer des Nationalsozialismus waren die sogenannten „Deutschen Christen“. Schon 1933 forderten sie auf einer Kundgebung im Berliner Sportpalast die Befreiung von allem „Undeutschen“ im Gottesdienst, dazu gehörte für sie auch die „Befreiung vom Alten Testament mit seiner jüdischen Lohnmoral“. 

 

Vor 75 Jahren lag dann Europa in Trümmern. Die Christinnen und Christen der im zweiten Weltkrieg verfeindeten Länder versuchten, wieder aufeinander zu zu gehen und in der ökumenischen Bewegung ein neues Miteinander zu finden.

 

Da wog das, was in Deutschland passiert war, schwer. Wie sollte man zu einem Neuanfang miteinander finden?
Eine entscheinde Grundlage des christlichen Glaubens ist, dass Jesus Christus den Menschen die Vergebung ihrer Schuld und Sünde gebracht hat. Wo das Wissen um Vergebung da ist, können Menschen ihre Schuld eingestehen, bekennen und Schritte zum Neuanfang machen. Es war kein leichter Schritt und manche konkrete Schuld wurde noch nicht benannt. Aber es war ein erster Schritt auf einem Weg zu einem Neuanfang, als im Stuttgarter Schuldbekenntnis formuliert wurde: 

 

„Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“

 

In einem der großen Bußpsalmen im Alten Testament, dem eine Situation großer Schuld zugrunde liegt, betet König David: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist!“ (Psalm 51,12).

 

Die Bitte aus dem Bußpsalm des Alten Testament, das Gott sei Dank zu unserer Heiligen Schrift gehört, können wir als Christen gerade an solchen Gedenktagen auch als Ermutigung verstehen, zu allen Zeiten mutiger zu bekennen, treuer zu beten, fröhlicher zu glauben und brennender zu lieben. 

 

Ein Gebet: 

 

Barmherziger Gott,

wir erinnern heute an das Stuttgarter Schuldbekenntnis von vor 75 Jahren. Wir wissen, dass zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte Schuld gegeben hat, auch im persönlichen Leben der Menschen.

Wir bitten Dich, dass Du Menschen bewahrst vor falschen Wegen und Verirrungen.

Heile die Schmerzen der Leidenden, gib Dein Bild von Menschlichkeit immer wieder neu in die Herzen der Menschen.

Lass uns mutig bekennen, was in Deinen Augen gut ist.

Hilf uns treuer zu beten, wo wir Dich vergessen.

Lass uns fröhlicher glauben, wo Traurigkeit und Schmerz das Leben bedroht.

Und hilf uns Dich und unsere Nächsten brennender zu lieben. Amen.